Inklusion fängt in den Köpfen an
von Thomas Müller
Super! Ich habe Moyamoya!
Was habe ich? Was ist das überhaupt?
Moyamoya stammt ursprünglich aus Asien, besonders aus Japan. Es handelt sich um eine Erkrankung der Gehirngefäße, die daraus besteht, dass meist beide Arterien, die das Gehirn versorgen, verengt sind oder sich komplett schließen. Das Ganze sieht auf dem Ultraschall aus wie eine Wolke oder Nebel – daher auch der Name. Dadurch kommt es im Regelfall zu einem Schlaganfall. Den hatte ich natürlich. Wie ich den überlebt habe, weiß ich nicht. Schließlich war mein Gehirn da gar nicht mehr durchblutet.
Allerdings fand mein damaliger Oberarzt im Klinikum Harlaching eben genau das heraus und riet mir zu einer Bypass-Operation in der Charité in Berlin. „Man muss wissen, was man einfach nicht kann.“ In Berlin lief zunächst alles gut. Allerdings ging danach etwas schief – ich bekam jedenfalls nach der Operation einen großen Schlaganfall. Der führte zu allem, was dazugehört: Große Sprach- und Schluckschwierigkeiten, eine halbseitige Einschränkung, schwere Todesängste und -erwartungen. Es sah alles nicht sehr gut aus. Langsam aber sicher kam das Meiste allerdings wieder. Danke an die Reha in Bad Tölz. Ein Jahr später fuhr ich wieder nach Berlin. Da sah die zerebrovaskuläre Reservekapazität (wer es genau wissen will: nachzulesen bei https://link.springer.com/article/10.1007/s00115-002-1313-4) nicht so gut aus – also empfahlen die Ärzte dort eine zweite Bypass-Operation.
In München zurück suchten wir den Chefarzt in Harlaching auf, der allerdings meinte, es wäre nicht notwendig. Wir waren furchtbar nervös und beschlossen, einen dritten Arzt zu konsultieren. Den fanden wir im Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen. Dort checkten sie mich komplett durch, inklusive Angiografie und alles Mögliche. Ergebnis: Ja, OP nötig.
Wir fuhren zurück nach Hause. Dann wandten wir uns nochmals an den Professor in Berlin. Er war höchst kommunikativ und versicherte mir, dass die Wahrscheinlichkeit einer neuen „Komplikation“ sehr gering sei und auch die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schlaganfalls gegen null ging. Nach langem Überlegen entschloss ich mich zu diesem neuen Bypass. Ich fuhr mit meiner Frau mit dem ICE wiederum in die Hauptstadt und checkte ein.
Die zweite OP verlief unkompliziert – nach drei Tagen gab es nochmals eine radiologische Testung. Dann wurde ich entlassen. Geplante Kontrolle nach einem Jahr. Mit neuer Angio und PTT-radiologischer Testung. Da sollte ich nochmals das Ergebnis dieser Überprüfung mit den Ärzten besprechen. Die Besprechung verlief eher seltsam, weil die Testung immer noch nicht besonders war. Der Assistenzarzt empfahl eine weitere Operation, bot sich aber an, seinen Chef darauf anzusprechen, der leider im Augenblick nicht erreichbar wäre. Wir könnten aber warten, bis er Zeit hätte. Wir nahmen das Angebot gerne an und warteten etwa eine halbe Stunde. Dann hatte der Professor Zeit.
Er war erst einmal sehr froh, mich zu sehen. Dann sah er sich die Ergebnisse der OP an und musste nach einer Weile grinsen. Er meinte, das Gehirn nähme sich nur was es braucht. Meine Ergebnisse seien dafür sehr gut. Keine weitere Operation notwendig. Meine Frau und ich bedankten uns sehr froh bei ihm und verließen die Charité und schließlich Berlin. Es war fast wie neu geboren zu sein.
Ich war zwar immer noch angeschlagen – aber das Grundrisiko war gebannt. Das Leben konnte wieder weitergehen.