KI-Fluch oder Segen?
von Zeljka Peric

Gerade als Rollstuhlfahrer ist man oft auf funktionierende Aufzüge angewiesen und wenn diese dann nicht funktionieren oder nicht betriebsbereit sind, ist es immer ein großes Ärgernis für jeden, der auf die Aufzüge angewiesen ist. Noch dazu, wenn man nicht in einer Großstadt wohnt, sondern wie ich in einer kleinen Gemeinde außerhalb von München. Es ist mit den Ausweichmöglichkeiten bezüglich der Aufzüge auch nicht immer so einfach oder diese sind gar nicht vorhanden. Daher heißt es oft, kreativ zu werden, wenn man an sein Ziel kommen möchte. Wenn man auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen ist, um an seinen Arbeitsplatz zu kommen, ist das täglich eine Herausforderung. Nur weil man seine Selbstständigkeit erhalten möchte oder wenn man eben nicht mit dem Fahrdienst fahren will – aus verschiedenen Gründen. Ich mache das mal an einem konkreten Beispiel fest.
Nach dem Arzttermin habe ich mich auf den Weg nach Hause gemacht. In der Früh ging der Lift in meiner Gemeinde noch einwandfrei, ohne Probleme. Als ich nach einer Stunde müde und schon relativ kaputt zu Hause ankam, stellte ich fest, dass der Aufzug schon wieder nicht funktioniert. Deswegen bin ich wieder einmal in die S-Bahn eingestiegen und in die Gegenrichtung eine Station weiter in den Nachbar-Ort gefahren, nur um festzustellen, dass dort der Aufzug ebenfalls nicht betriebsbereit war. Da ist guter Rat teuer. Was habe ich also gemacht, nachdem ich meine Wut und mein Unverständnis über die Situation runtergeschluckt habe? Ich bin nochmal mit der S-Bahn in die Gegenrichtung ein ganzes Stück nach München-Pasing gefahren und bin dort dann zum Busbahnhof mit dem Rollstuhl. Nach einer Wartezeit von circa 40 Minuten kam dann der Bus endlich und ich konnte meine Heimreise weiter fortsetzen. Nach circa einer halben Stunde kam der Bus in meinem Nachbarort an der Endstation an. Jetzt hieß es nur noch mit dem Rollstuhl nach Hause zu kommen. Was auch noch mal 20 Minuten dauert. So war ich von circa 9:15 Uhr bis circa 13:00 Uhr unterwegs, nur um nach Hause zu kommen. Und das ist nur eine von vielen anstrengenden Erfahrungen, die ich zu diesem Thema erzählen könnte.
Mir geht es auch gar nicht darum, dass es so lange gedauert hat, sondern eher darum, dass es für einen Rollstuhlfahrer wie mich extrem umständlich ist, um an sein Ziel zu kommen. Und das ist meiner Meinung nach heutzutage nicht mehr annehmbar. Und das zweite ist, dass es in nicht zentralen Lagen ewig dauert, bis die Aufzüge einmal wieder instandgesetzt werden. Das bedeutet für mich eine erhebliche Einschränkung in meinem Privatleben, wenn der Aufzug so lange nicht betriebsbereit ist. Teilweise dauert es Wochen bis der Aufzug wieder funktioniert. Das beeinflusst meinen Arbeitsweg und die Dauer, bis ich an meinem Arbeitsplatz erscheinen kann. Da werden aus einer Stunde Fahrzeit auch mal zwei Stunden, bis ich wirklich in der Arbeit bin. Denn nicht immer möchte ich mich wegen eines kaputten Aufzuges krankmelden. Ich verstehe ja, dass technische Dinge einmal kaputt gehen können. Darum soll es auch gar nicht gehen. Aber es kann nicht sein, dass man dann, wenn man nicht zentral in einer Stadt wohnt, als Rollstuhlfahrer einen solchen Aufwand betreiben muss. Mir ist bewusst, dass es ein enormer Aufwand ist, das alles in Schuss zu halten, darüber müssen wir nicht reden. Ich sehe auch immer wieder Leute, die ihr Bestes geben, damit es reibungslos läuft. Aber in meinen Augen reicht das noch lange nicht.
Wie kann es zum Beispiel sein, dass eine Reinigungskraft in der Früh die Lifte und die Böden sauber macht, und nach kürzester Zeit wieder alles von Obdachlosen verschmutzt wird? Ist ja klar, dass da die Reinigungskraft, die sich wirklich alle Mühe gibt, nicht hinterherkommt. Aus meiner Sicht, auch wenn es hart klingt, müsste man die Zugänge zu den U-Bahn-Höfen über Nacht deutlich beschränken, damit so etwas nicht passiert. So bleibt auch alles sauber und man muss als Rollstuhlfahrer nicht jeden Morgen durch Urin und Fäkalien fahren, so wie ich. Das ist ein Ärgernis, das mich richtig aufregt. Es kann nicht sein, dass Obdachlose einfach ungestraft die Aufzüge der öffentlichen Verkehrsmittel als Toilette benutzen. Wenn ich das machen würde, dann wäre der Aufschrei groß.
Es ist mittlerweile so schwer geworden, zuverlässige Infos zu den Aufzügen und der Betriebsbereitschaft zu bekommen. Nützliche Apps hierzu werden einfach ohne Ankündigung und ohne gute Alternative eingestellt oder wenn man in der S3-Zentrale anruft, bekommt man nur halb-gare Aussagen. Ich fühle mich dann oft so im Regen stehen gelassen. Die von mir oben angeführten Situationen sind der Grund, warum ich mittlerweile echt sauer bin, wie es läuft und wenn du dich beschwerst, heißt es nur: „Es tut uns leid.“ Und hier reden wir noch nicht einmal von Zugausfällen oder sonstigen Problemen, die man haben kann, wenn man mit der deutschen Bahn unterwegs ist.
Wenn es dann zu Zugausfällen oder spontanen Störungen kommt, ist man als Rollstuhlfahrer echt aufgeschmissen, wenn man nicht kreativ wird, da das Personal einem oft auch nicht weiterhelfen kann. Da ist es nur gut, dass man als Rollstuhlfahrer auch einige Züge kostenlos benutzen kann, wenn mal wieder was mit der S-Bahn nicht klappt. Um diese Probleme zu beheben, bräuchte es aus meiner Sicht folgende Dinge:
Wenn man schon davon redet, dass man Geld in die Deutsche Bahn stecken muss, sollte man auch diese Punkte aus meiner Sicht berücksichtigen und nicht nur den Ausbau der Strecken. Klar ist der Ausbau von Strecken auch wichtig, aber für uns als Mobilitätseingeschränkte sind die von mir genannten Punkte auch wichtig denke ich und sie sollten nicht vergessen werden, wenn es um die Verbesserung der deutschen Bahn geht. Dennoch können wir froh sein, dass es die bestehenden Mittel gibt. Da es auch Länder gibt, in denen diese Möglichkeit gar nicht erst besteht, dass Rollstuhlfahrer auf diese Art und Weise unterwegs sein können. Aber dennoch muss einiges getan werden und dafür braucht es gutes Durchhaltevermögen und sehr viel Zusammenarbeit.
Ein Artikel von Andreas Berghammer